Welche Medikamente sind bei Übelkeit in der Schwangerschaft sicher

    Übelkeit und Erbrechen gehören für viele Frauen zu den ersten Anzeichen einer Schwangerschaft. Diese Beschwerden werden häufig als harmlos abgetan, doch sie können den Alltag stark beeinträchtigen und in schweren Fällen sogar eine medizinische Behandlung erforderlich machen. Viele Schwangere sind verunsichert: Welche Medikamente darf ich überhaupt einnehmen? Was schadet meinem Kind nicht?

    Tatsächlich gibt es mittlerweile gut erforschte und für die Schwangerschaft zugelassene Arzneimittel gegen Übelkeit. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Medikamente als sicher gelten und wann sie zum Einsatz kommen sollten. Außerdem informieren wir Sie über nicht-medikamentöse Maßnahmen, die ebenfalls helfen können.

    Das Wichtigste in Kürze

    • Schwangerschaftsübelkeit ist sehr häufig: Mindestens 70 bis 80 Prozent aller Schwangeren leiden in den ersten Wochen unter Übelkeit, etwa die Hälfte muss sich auch erbrechen.

    • Ein zugelassenes Medikament in Deutschland: Die Kombination aus Doxylamin und Vitamin B6 (Pyridoxin) ist derzeit das einzige explizit für Schwangerschaftsübelkeit zugelassene Arzneimittel.

    • Vitamin B6 kann allein helfen: Bereits die Einnahme von Pyridoxin ohne weitere Wirkstoffe kann die Übelkeit bei vielen Frauen lindern.

    • Nicht-medikamentöse Maßnahmen zuerst: Vor der Einnahme von Medikamenten sollten Ernährungsumstellung, Ingwer oder Akupressur ausprobiert werden.

    • Ärztliche Beratung ist wichtig: Bei anhaltender oder sehr starker Übelkeit sollten Sie unbedingt ärztlichen Rat einholen, um die passende Therapie zu finden.

    Wie häufig ist Schwangerschaftsübelkeit?

    Schwangerschaftsübelkeit ist alles andere als selten, sie tritt sehr häufig auf. In der Frühschwangerschaft leiden schätzungsweise 70 bis 90 Prozent aller Schwangeren daran, oft verbunden mit Erbrechen. Die Beschwerden beginnen meist zwischen der 6. und 8. Schwangerschaftswoche und klingen bei den meisten Frauen um die 16. Woche wieder ab.

    Bei etwa einer von hundert Frauen verläuft die Schwangerschaftsübelkeit besonders schwer. Diese Form der Schwangerschaftsübelkeit, bekannt als Hyperemesis gravidarum, verursacht häufiges, starkes Erbrechen. Dadurch können gefährlicher Gewichts- und Flüssigkeitsverlust auftreten, sodass in solchen Fällen eine stationäre Behandlung notwendig wird.

    Warum entsteht Schwangerschaftsübelkeit?

    Die genauen Ursachen der Schwangerschaftsübelkeit sind noch nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass hormonelle Umstellungen eine zentrale Rolle spielen. Neuere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass vor allem das Hormon GDF15 (Growth Differentiation Factor 15) für die Beschwerden verantwortlich sein könnte.

    Dieses Hormon wird vom fötalen Teil der Plazenta produziert und gelangt in den mütterlichen Blutkreislauf. Frauen, die vor der Schwangerschaft niedrige GDF15-Spiegel hatten, reagieren besonders stark auf den plötzlichen Anstieg, was zu ausgeprägter Übelkeit führt. Die These, psychische Faktoren oder Stress seien die Hauptursache, gilt inzwischen als widerlegt.

    Wann sollte man Medikamente gegen Schwangerschaftsübelkeit einnehmen?

    Nicht jede Form von Übelkeit erfordert sofort eine medikamentöse Behandlung. Viele Frauen können ihre Beschwerden durch einfache Maßnahmen wie Ernährungsumstellung oder das Meiden bestimmter Gerüche in den Griff bekommen.

    Ein Medikament sollte dann in Erwägung gezogen werden, wenn:

    • Die Übelkeit so stark ist, dass die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt wird

    • Häufiges Erbrechen zu Flüssigkeits- oder Gewichtsverlust führt

    • Eine ausreichende Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich ist

    • Nicht-medikamentöse Maßnahmen keine ausreichende Besserung bringen

    In diesen Fällen ist es wichtig, ärztlichen Rat einzuholen. Viele Frauen haben Bedenken wegen möglicher Nebenwirkungen. Doch inzwischen gibt es Medikamente, die als sicher für Mutter und Kind gelten.

    Welche Medikamente sind in Deutschland zugelassen?

    Doxylamin plus Vitamin B6 (Pyridoxin) – die Standardtherapie

    Die Kombination aus dem Antihistaminikum Doxylamin und Vitamin B6 ist seit 2019 in Deutschland explizit zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft zugelassen. Erhältlich ist sie unter den Handelsnamen Cariban und Xonvea.

    Doxylamin hemmt das Brechzentrum im Gehirn und wirkt beruhigend, während Vitamin B6 den durch die Schwangerschaft veränderten Hormonhaushalt reguliert. Diese Kombination wird seit Jahrzehnten weltweit eingesetzt. In klinischen Studien mit über 200.000 Teilnehmerinnen wurden keine erhöhten Fehlbildungsraten beobachtet.

    Die Einnahme erfolgt üblicherweise mit zwei bis vier Tabletten täglich. Typische Nebenwirkungen sind Müdigkeit und Mundtrockenheit. Bei Frauen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Engwinkelglaukom oder Schilddrüsenerkrankungen sollte die Anwendung ärztlich überwacht werden.

    Vitamin B6 (Pyridoxin) allein

    Auch die alleinige Einnahme von Vitamin B6 kann die Übelkeit lindern. Empfohlen werden Dosierungen von maximal 80 Milligramm pro Tag. In Kliniken wird Schwangeren mit starken Beschwerden häufig Vitamin B6 verabreicht.

    Der Vorteil: Vitamin B6 hat kaum Nebenwirkungen und ist in der Schwangerschaft gut verträglich. Allerdings ist die Wirkung meist schwächer als bei der Kombination mit Doxylamin.

    Welche weiteren Medikamente können eingesetzt werden?

    Erweisen sich Doxylamin plus Vitamin B6 als wirkungslos oder werden sie nicht vertragen, dürfen Ärztinnen und Ärzte im Rahmen des sogenannten „Off-Label-Use“ weitere Medikamente verordnen. Diese sind zwar nicht speziell für Schwangerschaftsübelkeit zugelassen, haben aber umfangreiche Erfahrungswerte in der Schwangerschaft:

    Meclozin

    Dieses Antihistaminikum gilt als besonders gut verträglich und macht nur leicht müde. Aus Beobachtungen von vielen tausend Schwangeren ergaben sich keine Hinweise auf Risiken für Mutter oder Kind. In Deutschland ist Meclozin jedoch seit 2007 nur noch über Auslandsapotheken erhältlich.

    Dimenhydrinat

    Ein weiteres Antihistaminikum, das als Alternative eingesetzt werden kann. Es ist sowohl als Tablette als auch als Zäpfchen erhältlich. Die Datenlage zur Sicherheit in der Schwangerschaft ist etwas dünner als bei Doxylamin, aber bisher wurden keine erhöhten Risiken festgestellt.

    Metoclopramid

    Dieser Wirkstoff regt die Magenbewegungen an und hilft gegen Übelkeit. Aus umfangreichen Erfahrungsberichten lassen sich keine Risiken für das ungeborene Kind ableiten. Allerdings kann Metoclopramid bei der Mutter schwere Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen oder unwillkürliche Muskelzuckungen verursachen.

    Daher sollte es nur kurzzeitig – maximal fünf Tage – eingenommen werden und kommt erst infrage, wenn andere Mittel nicht helfen.

    Ondansetron

    Dieser Serotonin-Antagonist ist ein sehr potentes Medikament gegen Übelkeit und Erbrechen. Normalerweise wird es bei Krebspatienten eingesetzt, die unter Chemotherapie leiden. In der Schwangerschaft kommt Ondansetron nur dann zum Einsatz, wenn andere Mittel versagt haben.

    Es liegen umfangreiche Sicherheitsdaten vor, und es wurden keine schwerwiegenden Risiken für das Kind beobachtet. Allerdings zeigten einige Neugeborene Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit oder Durchfall, wenn die Mutter den Wirkstoff dauerhaft angewendet hatte.

    Was können Sie selbst gegen Schwangerschaftsübelkeit tun?

    Bevor Sie zu Medikamenten greifen, lohnt es sich, nicht-medikamentöse Maßnahmen auszuprobieren:

    Ernährungsumstellung

    Während der Schwangerschaft reagieren viele Frauen empfindlich auf bestimmte Gerüche oder Lebensmittel. Es ist besser, über den Tag verteilt mehrere kleine Mahlzeiten zu essen, statt drei große. Bewahren Sie trockene Snacks wie Zwieback oder Kekse griffbereit auf, zum Beispiel auf dem Nachttisch, und essen Sie schon vor dem Aufstehen etwas Kleines.

    Meiden Sie fettreiche, stark gewürzte oder säurehaltige Speisen, da diese den Magen zusätzlich reizen können. Leicht verdauliche Kohlenhydrate wie Reis, Kartoffelbrei oder Nudeln werden meist besser vertragen.

    Ingwer

    Studien deuten darauf hin, dass Ingwerprodukte die Übelkeit lindern können. Man sollte Ingwerkapseln mit 250 Milligramm Ingwer pro Dosis einnehmen und zwar drei- bis viermal täglich. Auch Ingwertee kann helfen.

    Allerdings sollte Ingwer nur in Maßen genossen werden, da die enthaltenen Scharfstoffe in höheren Schwangerschaftswochen die Gebärmuttermuskulatur stimulieren können.

    Akupressur und Akupunktur

    Einige Frauen merken an, dass sich ihre Beschwerden durch Akupressur am Handgelenk gebessert haben. Spezielle Akupressurbänder, die sanften Druck auf bestimmte Punkte ausüben, können dabei helfen. Die Studienlage ist jedoch widersprüchlich. Für Akupunktur fehlen derzeit aussagekräftige Belege.

    Ausreichend trinken

    Wenn Sie sich häufig übergeben, ist es besonders wichtig, ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen. Trinken Sie in kleinen Schlucken über den Tag verteilt. Bewährt haben sich stilles Wasser, Kräutertees oder leicht gesüßte Getränke.

    Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen?

    Schwangerschaftsübelkeit ist zwar unangenehm, aber in den meisten Fällen harmlos. Es gibt jedoch Warnsignale, bei denen Sie umgehend ärztlichen Rat einholen sollten:

    • Sie erbrechen sich mehrmals täglich und können kaum noch Flüssigkeit oder Nahrung bei sich behalten

    • Sie verlieren deutlich an Gewicht (mehr als fünf Prozent Ihres Körpergewichts)

    • Sie bemerken Anzeichen von Flüssigkeitsmangel wie dunklen Urin, Schwindel oder Schwäche

    • Die Übelkeit dauert über die 16. Schwangerschaftswoche hinaus an

    In solchen Fällen kann eine stationäre Behandlung mit Infusionen notwendig sein, um den Flüssigkeits- und Nährstoffhaushalt auszugleichen.

    Fazit

    Schwangerschaftsübelkeit betrifft die große Mehrheit aller Schwangeren und kann den Alltag erheblich belasten. Die gute Nachricht: Es gibt sichere und wirksame Medikamente, die Linderung verschaffen können. Die Kombination aus Doxylamin und Vitamin B6 ist in Deutschland explizit zugelassen und hat sich in der Praxis bewährt.

    Bevor Sie zu Medikamenten greifen, sollten Sie zunächst nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, Ingwer oder häufige kleine Mahlzeiten ausprobieren. Wenn diese nicht ausreichen oder die Beschwerden sehr stark sind, zögern Sie nicht, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

    Es ist wichtig zu wissen, dass moderne Medikamente gegen Schwangerschaftsübelkeit gründlich erforscht und sicher sind. Sie müssen diese Beschwerden nicht einfach ertragen. Damit Ihre Schwangerschaft gesund bleibt und Sie sich wohlfühlen, ist es wichtig, dass Sie sich gut versorgt fühlen.

    Quellen:

    Wir sind für Sie da

    Unser Kundendienst ist Montag bis Freitag 9 - 17 Uhr für Sie da. Falls Sie dringende medizinische Hilfe brauchen, rufen Sie bitte den ärztlichen Bereitschaftsdienst an, Tel. 116 117